Entstanden für die Schreibwerkstatt. Thema: Sünde... also, das hatte ich jedenfalls im Chat gelesen. Eigentlich stand in der Nachricht aber "Süden". ;O) Freud lässt grüßen. Mein "Thema verfehlt" führte zu Irritationen und Gelächter. Trotzdem, die Geschichte hat Aufmerksamkeit verdient. :O)
Ich: Hallo Eva, ich freue mich sehr, dass Du heute hier bist.
Eva: Vielen Dank für die Einladung. Bisher war leider noch niemand so mutig, mir einen Rahmen zu bieten, um einmal meine Sicht der Dinge zu schildern.
Ich: In unserm Podcast geht es um Gleichberechtigung. Wir wollen Deine Geschichte beleuchten und mit frauenfeindlichen Mythen aufräumen. Du und Dein Schicksal haben das Frauenbild über viele Generationen geprägt.
Eva: Ich denke, Du spielst auf die Sache mit der Rippe an. Ja, da hat der Autor vom ersten Buch Mose echt den Macho raushängen lassen. Aber in der Zeit, als die Geschichte geschrieben wurde, waren solche Typen ja an der Tagesordnung. Wie heißt es da so schön: „Der HERR baute eine Frau aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm.“ Oh, und nicht zu vergessen, dass mir laut Text lediglich der Job als Adams Gehilfin zugestanden wird.
Ich: Du klingst wütend. Vielleicht magst Du unseren Hörerinnen erzählen, wie es wirklich war.
Eva: Also, dass Ganze fing damit an, dass Gott sich gedacht hat, dass es besser sei, von jedem Geschöpf direkt zwei zu machen. Zum einen sollte sich keiner langweilen - Bücher, Fernsehen und Internet gab es ja noch nicht -, und zum anderen wollte er sich schlicht Arbeit sparen, indem er die Natur und die Fortpflanzung nutzte, um den Garten Eden mit Leben zu füllen.
Ich: Also ist das Ganze nur ein übles Gerücht? Du bist gar nicht aus Adams Rippe entstanden?
Eva: Nein, natürlich nicht. Dann hätten Männer ja heute eine Rippe weniger als Frauen. Und das ist ja nun mal nicht so.
Ich: Und Adam?
Eva: Adam hat sich nie die Mühe gemacht, dem zu widersprechen. Für ihn und seine ganzen Jungs passte das ja prima.
Ich: Wie war das mit Deiner Rolle als Gehilfin?
Eva: Das war eine echte Lachnummer. Adam lief den ganzen Tag nackt durchs Paradies und genoss das Leben in vollen Zügen. Alles andere blieb an mir hängen. Ich kehrte dauernd die Blätter unter dem Baum, unter dem wir schliefen, zusammen. Ich stellte den Obstsalat jeden Tag pünktlich auf den Baumstumpf. Ich musste unser gesamtes Leben managen. Adam meinte immer, den Tieren Namen zu geben, sei sehr anstrengend gewesen. Er habe also schon genug gearbeitet. Ich mag ihn ja, aber er ist schon ein ziemlich fauler Sack. Das wusste Gott auch. Als er ihm nach der Vertreibung aus Eden den Job als Bauer gab, wusste er schon vorher, dass Adam sich damit ganz schön rumquälen würde. Aber das war ja der Sinn der Strafe.
Ich: Lass uns doch mal über den wohl entscheidenden Punkt in Deinem Leben sprechen. Die Sache mit der Schlange und dem Baum. Noch heute wird Dir der Sündenfall zugeschrieben, der Dich und so viele Frauen nach Dir gebrandmarkt hat.
Eva: Ich muss zugeben, die Sache ist mir wirklich unangenehm. Das mit dem Paradies war schon nett. Das Leben zwischen den Tieren. Immer genug zu essen. Recht laue Arbeitszeiten.
Ich: Und wie kam es dann, dass Du gegen die Regel Gottes verstoßen und somit all die Annehmlichkeiten riskiert hast?
Eva: Die Schlage hat mich verarscht. Damals hatte ich keine Ahnung von Gut und Böse und das hat sie eiskalt ausgenutzt. Das ist so ein bisschen wie beim Enkeltrick, bei dem unbedarfte Senioren immer auf Betrüger reinfallen. Man kann sich nicht vorstellen, dass so ein Trick klappt, aber die Alten sind gutmütig und naiv. Das war ich auch.
Ich: Die Schlage hat Dich also in die Nummer reingequatscht?
Eva: Die Tiere in Eden waren supernett. Alle gut drauf. Keines wollte uns fressen. Nur sehr gesprächig waren die meisten nicht. Da wurde viel gegrast und viel geschlafen. Auch Adam war nur begrenzt unterhaltsam. Kennst Du ja selbst. Männer haben einfach weniger Worte als Frauen. Die Schlage hatte immer eine gute Geschichte. Wir hingen oft zusammen rum. Bei einer Kokosmilch kamen wir eines Tages ins Plaudern. Sie meinte, sie würde sich öfter durch den Baum der Erkenntnis schlängeln. Die Früchte würden echt lecker riechen, und Gott würde nur so einen Aufstand um den Baum machen, weil er die Früchte für den Rumtopf brauchte. Dieser ganze Blödsinn mit Erkenntnis und Leben, da wäre gar nichts dran. Erst war ich skeptisch. Doch dann meinte die Schlage, warum soll Gott Bäume für Leben und Erkenntnis pflanzen, wo er doch eh Chef sei und beides nach Belieben verteilen könne.
Ich: Das klingt durchaus glaubwürdig.
Eva: Fand ich damals auch. Und dann meinte die Schlage noch, Gott hätte auch Adam und mich gemacht. Insofern sei er ja sozusagen unser Vater. Ein Vater habe seine Kinder ja grundsätzlich gern. Er wäre vielleicht sauer, wenn er uns beim Obstklauen erwischte, aber mehr als ein Donnerwetter sei wohl kaum zu erwarten.
Ich: Und dann bist Du das Risiko einfach mal eingegangen?
Eva: Ich war halt naiv und irgendwie ja auch noch ein Kind. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die Schlage einfach mal nen Öfchen anstecken wollte, um etwas Stunk zu produzieren. Heute kennt man das aus TV- Formaten wie dem Dschungelcamp, aber damals? Adam fand die Sache auch ganz spannend und war ordentlich begeistert, als ich den Apfel anschleppte.
Ich: Kannst Du denn verstehen, dass Gott sauer war?
Eva: Schon. Er hatte es ja ausdrücklich verboten. Es war klar, dass ich eine Sünde begehe. Aber auch nach so langer Zeit finde ich noch immer, dass er es mit der Strafe etwas übertrieben hat. Ich bekomme heute sofort Ekel und Herpes, wenn ich eine Schlange sehe, und Adam hat durch die Arbeit auf dem Feld Rücken. Ich denke auch, er hätte uns nicht gleich rauswerfen müssen. Was aber aus meiner Sicht gar nicht geht, ist, dass er so nachtragend ist. Erbsünde! Nur weil ich einmal unerlaubt in einen Apfel gebissen habe.
Ich: Aber inzwischen kommt ihr wieder besser klar, oder?
Eva: Ja, seit Jesus auf der Welt war und Vergebung der Sünden eingeführt hat, läuft es zwischen mir und dem alten Herrn echt wieder richtig gut. Jetzt muss sich halt nur noch hier unten rumsprechen, dass die Sache vom Tisch ist.
Ich: Was ist Deine Message an die Welt?
Eva: Mädels, wir sind keine Gehilfen der Männer und lasst Euch kein schlechtes Gewissen wegen der Erbsünde machen. Mit Gott ist wieder alles klar. Und die Wehen bei der Geburt eines Kindes sind keine Strafe Gottes, sondern kommen davon, dass etwas sehr Großes durch ein sehr kleines Loch muss.
Ich: Eva, danke für Deine Offenheit. Ich denke, dieses Gespräch ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des Selbstbewusstseins der Frauen. In der nächsten Woche ist Maria bei uns zu Gast. Gemeinsam mit ihr wollen wir mit dem Mythos aufräumen, dass alle wichtigen Engel Männer sind.
-Ende-
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